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Welche Lücke eine junge Polin bei Robur hinterlässt

Joanna Kasprowicz verlässt nach einem Jahr die ABS Robur. Wie es mit den Projekten in Zukunft weitergeht, ist noch nicht klar.

So richtig erklären kann Joanna Kasprowicz nicht, wie sie im September letzten Jahres ausgerechnet in Zittau gelandet ist. Längere Aufenthalte in Afghanistan, Nepal und Bulgarien lagen da bereits hinter der 25-Jährigen, die zuvor fünf Jahre Psychologie in Danzig (Gdansk) studiert hat. Kasprowicz ist eine Suchende, die sich viel mehr für das Zusammenspiel von Psychologie und Wirtschaft interessiert, als für neurologische Therapien.

 

Deutschland sollte deshalb die nächste Station auf ihrer Suche werden. Im Internet fand die Psychologin das Angebot für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Zittau. Der länderübergreifende Austausch der Freiwilligen ist inzwischen europäische Normalität. An das Bewerbungsgespräch bei der ABS Robur kann Ulrich Schubert sich noch sehr gut erinnern, weil Frau Kasprowicz damals kein Wort Deutsch sprach. Mit Englisch, Händen und Füßen sei man sich dennoch einig geworden, so der Projektkoordinator. Nach einem Deutschkurs und einem Einführungsseminar in Görlitz zog die Psychologin von Köslin (Koszalin) an der polnischen Ostsee in eine Zittauer Wohngemeinschaft, wo sich bereits zwei deutsche Mitbewohner heimisch fühlten. Die Projektarbeit im dritten Stock des Verwaltungsgebäude der früheren Robur-Zentrale konnte beginnen.

Die ABS Robur GmbH, gemeinhin noch als Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bekannt, hat sich neue Betätigungsfelder gesucht und betreut nun auch grenzüberschreitende Projekte, beispielsweise interkulturelle Workshops oder Begegnungen von Auszubildenden mit berufsbezogenen Modulen. Ziel der Projekte ist die Nutzung der regionalen Entwicklungspotenziale und die Förderung von Wissenstransfer, Erfahrungs- und Fachkräfteaustausch. Das klingt sehr allgemein, nach Fördermittelchinesisch, und muss mit ganz konkreten Projektideen unterlegt werden. Ohne die passenden Partner dies und jenseits der Grenze geht gar nichts. Der Erfolg der einzelnen Projekte hängt deshalb immer auch sehr vom Engagement und den Fähigkeiten der beteiligten Personen ab, das weiß Ulrich Schubert. Der Projektkoordinator bekommt deshalb „graue Haare“, wenn er daran denkt, dass seine polnische Mitarbeiterin nur noch bis zum Monatsende da ist. Denn sie hat nicht nur die Sprachbarriere eingerissen und die Kontakte zu den polnischen und tschechischen Partnern gehalten. Sie hat darüber hinaus den Deutschen auch die polnische Küche näher gebracht und selbst ein Projekt entwickelt, organisiert und durchgeführt.

So holte Frau Kasprowicz eine Klasse Gymnasiasten samt Lehrer aus Lauban (Luban) nach Zittau und sorgte dafür, dass sie sich mit der Stadt und der deutschen Sprache auseinandersetzen. Die Schüler sollten in kürzester Zeit herausfinden, welche Bedeutung die Statuen am Portal des Rathauses haben, die Gebühren für Postsendungen nach Polen herausfinden und einen Gegenstand dreimal mit den Einheimischen tauschen. Sprachanimation, nennt Kasprowicz das. Verständigung ohne Sprachkenntnisse. Wie diese Methode funktioniert, konnte sie in der Vergangenheit herausfinden. „Ich habe gelernt, mit ungewöhnlichen und neuen Situationen umzugehen“, erklärt Frau Kasprowicz .

Auch beim Projekt „Berufsausbildung ohne Grenzen“ hat die junge Polin kräftig mitgewirkt, war als Muttersprachlerin mehr gefragt denn je. 36 junge Polen haben die Berufsausbildung in Sachsen kennengelernt. Nach einem zehnwöchigen Kurs, der neben fachlichen Kenntnissen auch Sprache, Kultur und deutsche Eigenheiten vermittelt, konnten die Polen ihre Fähigkeiten in einem zweiwöchigen Praktikum in einem Unternehmen unter Beweis stellen. Die Baustein Hoch- und Tiefbau GmbH in Dresden und die Baumechanisierung Dresden gehören zu den wenigen Betrieben, die sich auf dieses Experiment eingelassen haben.

Am Monatsende ist der Freiwilligendienst vorbei. Frau Kasprowicz will in Zittau bleiben und am IHI studieren, sich vielleicht mit der Psychologie in der Wirtschaft beschäftigen. An den Deutschen schätzt sie vor allem deren direkte Art. Und Mülltrennung findet sie gut.

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Joanna Kasprowicz hat ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der ABS Robur in Zittau hinter sich. Der Abschied fällt ihr nicht leicht. Foto: Matthias Weber

Quelle: Sächsische Zeitung

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